Persönlichkeitsentwicklung durch Schulsport – Die Berner Interventionsstudie Schulsport (BISS)

Titelseite des Buches Persönlichkeitsentwicklung durch Schulsport

Laufzeit: 2007-2009
Leitung: Prof. Dr. Achim Conzelmann & Dr. Stefan Valkanover
Mitarbeiter: Mirko Schmidt
Förderung: Eidgenössische Sportkommission (ESK)
Kooperationspartner: Pädagogische Hochschule Bern (Regine Berger, Sandra Crameri & Martin Joss)

Als eine wesentliche Begründungslinie für die Legitimation des Schulsports wird seit jeher seine persönlichkeitsbildende Funktion angeführt. Obwohl die Sportpsychologie seit mehr als einem halben Jahrhundert versucht, dieses sportpädagogische Postulat empirisch zu belegen, konnten bislang keine eindeutigen Zusammenhänge zwischen schulsportlicher Aktivität und Persönlichkeitsentwicklung nachgewiesen werden.

Vor dem Hintergrund einer dynamisch-interaktionistischen Perspektive hat die Berner Interventionsstudie Schulsport (BISS) in systematischer Weise Einflüsse schulsportbezogener Interventionen auf die Selbstkonzeptentwicklung von Schülerinnen und Schülern im Alter zwischen 11 und 12 Jahren untersucht. 17 Mittelstufenklassen mehrerer Berner Primarschulen haben hierfür im Rahmen einer quasi-experimentellen Längsschnittstudie während einem Schuljahr zwei Treatmentphasen à 10 Wochen durchlaufen, die theoriegeleitet entwickelt wurden und sich durch spezifische Sportaktivitäten und Inszenierungsformen auszeichnen. Vor jedem und im Anschluss an jeden Interventionsteil (Module: Spiel, Wagnis, Leistung) wurden verschiedene Aspekte des Selbstkonzepts sowie (mit Blick auf differentielle Fragen) die aktuelle Lebenssituation der Schülerinnen und Schüler erhoben. Als Vergleichsgruppe wurden sechs Mittelstufenklassen in die Studie miteinbezogen, die einen lehrplanorientierten Sportunterricht ohne spezifische Auflagen in Bezug auf Lernziele und Unterrichtsgestaltung durchführten.

Die Befunde zeigen, dass spezifische Facetten des Selbstkonzepts von Schülerinnen und Schülern durch persönlichkeitsfördernden Sportunterricht positiv beeinflusst werden können. Dabei ist entscheidend, dass die Gestaltung des Unterrichts spezifisch auf die anzusteuernde Selbstkonzeptfacette ausgerichtet ist. Sportunterricht wirkt nicht per se positiv auf das kindliche Selbstkonzept, sondern nur wenn in der Unterrichtsinszenierung bestimmte didaktisch-methodische Prinzipien zum Zuge kommen. Vergleicht man den Unterricht in den Experimentalklassen mit jenem der Kontrollklassen, ist bezogen auf die Inhaltsauswahl kein bedeutender Unterschied auszumachen: Themen wie Spielentwicklung, Geräteturnen, Klettern und Fallen, Ausdauertraining oder Hochsprung finden sich entsprechend den saisonalen Empfehlungen und Lehrplanvorgaben für fünfte Klassen auch in den Sportlektionen der Kontrollklassen. Zentrale Erfahrungsdifferenz zwischen Schülerinnen und Schülern der Interventions- und Vergleichsgruppe war der Aspekt der bewussten Auseinandersetzung (a) im Sinne einer Selbst- und Fremdbeobachtung des eigenen Leistungsvermögens und der eigenen Leistungsentwicklung, (b) mit Erfahrungen in Gruppenprozessen und/oder (c) mit Angst in Wagnissituationen. Dieser konsequent geförderte reflexive Unterricht – in Form von Feedbackgesprächen zwischen Schülerinnen und Schülern und der Lehrkraft, unter den Schülern oder im Protokollieren der individuellen Lernentwicklung und deren Bewertung im Lernjournal – vermag wesentliche Effekte der Studie zu erklären.

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